nach Euripides und Aischylos; Bühnenfassung von Benedek Zsolt –– Inszenierung: Bocsárdi László
In der Geschichte des Orest und der Elektra – um welche die Handlung kreist – liegt der Fluch seit drei Generationen über der Familie und wird mit jeder Generation grausamer. Pelops, Atreus und Agamemnon, die Vorfahren der Geschwister Elektra und Orest väterlicherseits, sind Sinnbilder der Herrschaft und der männlichen Kraft. Und gerade das ist es, was ihren Untergang hervorruft: sie nehmen die Stellung der Frau nicht wahr, ihre Unvernunft und ihre sakrale Fähigkeit, Leben zu schenken. Der Reihe nach opfern sie ihre Kinder auf dem Altar eines Auftrages, den sie als heilig betrachten. Die Ansicht des Kleinen und Zerbrechlichen blenden sie aus, gleich dem vernachlässigten Kind, das sein Recht auf Leben einfordert, grausam wird, heftig trampelt und Blut vergießen will. In unserer Inszenierung ist es die Figur des Greises, die diese unsichtbare Energie verkörpert und sie durch das Wunder des Theaters erfahrbar macht, ohne sie zu vereinfachen. Der Greis verkörpert gleichermaßen Artemis, die jungfräuliche Göttin, aber auch das geopferte Kind Iphigenie, sowie auch Dionysos, den Gott der Tragödie. Der Greis ist der Fluch selbst, also die Seele der Tragödie!
Musikaufzeichnung mit:
Lucian Petrila - Violine (a.G.)
Gabriela Petrila - Violine (a.G.)
Laura Șain - Cello (a.G.)
Iuliana Ambăruș - Bratsche (a.G.)
"Bocsárdis Elektra ist charakterfest, sie wird nicht aus "Kummer", sondern aus Empörung lebendig. Isa Berger erfüllt die heikle Partitur erfolgreich und voller Energie. [...] In einer ausgezeichneten Leistung, ist Konstantin Keidel mal der schlaue Berater, mal der charmante Erzähler, mit einer scheinbaren Naivität, jenseits der Menschlichkeit. [...] Klytaimnestra – eine erstaunliche Erscheinung der Ida Jarcsek-Gaza in dieser Rolle – ist in schrillen Farben gemalt. [...] Ihre Rolle ist sehr gut definiert: sie ist ein Ventil für das Herauslassen der Spannung."
"Der Kontrast entsteht durch die Beibehaltung der alten versmäßigen Sprache, die besonders durch das leidenschaftliche Spiel der beiden Nachwuchsschauspielern Isa Berger (Elektra) und Harald Weisz (Orestes). [...] Verstärkt wurde dieser Part noch durch das zweideutig- zwitterhafte Gehabe, den kuriosen Singsang des Greises (Konstantin Keidel bot damit sicher eine seiner besten Rollen am DSTT). Noch stärker verfremdend wirkte jedoch die Rolle der Klytaimnestra: Ida Gaza, weiterhin eine der repräsentativen Schauspieler der deutschen Bühne, machte aus der Königin mit ihrem kurzen Glitzerkleid, den Stöckelschuhen, der Sonnenbrille dem ganzen affektierten Gehabe auf ihre geschickte Art eine lächerliche, toupierte und etwas Mitleid erweckende Dame der 60ger Jahre. [...] Nach dieser Vorstellung, kommt der Zuschauer nolens-volens nicht umhin, sich ein paar ernsthafte Fragen zu stellen: Liegt die Antike denn gar so weit zurück? Was sind schon 2000 Jahre? Ist der Mensch des 21. Jahrhunderts nicht in seinen starken Gefühlen von Liebe und Hass der gleiche geblieben? Wird nicht heute an allen Ecken der Welt gehasst und gemordet, Vergeltung geübt? Gibt es sie nicht, die Angst, der Terror, der Krieg?"